Kernfusion

Sichere, quasi unerschöpfliche Energiequelle der Zukunft

Kernfusion
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Das menschliche Leben basiert auf der Sonneneinstrahlung. Deren Energie speist sich aus der seit 4,6 Milliarden Jahren anhaltenden Fusion von Wasserstoff zu Helium. Bei der Fusion verschmelzen zwei leichte Atomkerne zu einem schwereren Kern, was enorme Energiemengen freisetzt. Diese unerschöpfliche, klimaneutrale und 24/7 verfügbare Energiequelle soll künftig auch auf der Erde nutzbar werden. Forschungseinrichtungen, Industrieunternehmen und Start-ups in aller Welt arbeiten intensiv an Konzepten und Technologiebausteinen für Kernfusionskraftwerke.

Vor allem die Fusion der Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium zu Helium hat sich als praktikabel erwiesen. Um sie auszulösen, muss zunächst der so genannte »Coulomb-Wall« überwunden werden – eine starke Abstoßungskraft zwischen den Kernen. Dafür sind Temperaturen um 150 Millionen Grad Celsius erforderlich. Unter diesen Bedingungen nähern sich die Kerne bis auf einen Femtometer an und geraten unter den Einfluss der noch stärkeren Kernkraft. Diese lässt die Isotope zu Heliumkernen mit je zwei Protonen und zwei Neutronen verschmelzen. Ein Neutron bleibt übrig. In Summe sind das Deuterium- und das Tritium-Isotop schwerer als der Heliumkern. Gemäß Albert Einsteins Theorie der Äquivalenz von Masse und Energie setzt die Fusion Bindungsenergie frei, die sich auf 17,6 Megaelektronenvolt (MeV) oder 9,2 x 104 kWh je Gramm beläuft. Zur Einordnung: 1 kg Deuterium-Tritium-Gemisch enthält so viel Energie wie 55.000 Barrel Diesel oder 18.630 Tonnen Braunkohle.

Laser- und Magnetfusion

Für kommerzielle Kraftwerke braucht es Technologien, die die Fusion zuverlässig zünden, am Laufen halten und die freiwerdende Energie nutzbar machen. Die Zündung und Selbsterhaltung eines Fusionsplasmas hat das Kalifornische Lawrence Livermore National Laboratory in seiner National Ignition Facility (NIF) mehrfach gezeigt. Die NIF setzt auf Laserträgheitsfusion. Ein kurzer Laserpuls lässt ein kleines Treibstoffkügelchen sehr schnell implodieren und erzeugt damit die benötigten Drücke und Temperaturen. Seit Dezember 2022 ist es dort wiederholt gelungen, mithilfe des weltgrößten und energiereichsten Lasers ein Deuterium-Tritium-Plasma zu zünden und ein selbsterhaltendes Brennen eines Fusionsplasma mit hohem Energiegewinn zu erzeugen

Neben der Laserträgheitsfusion steht die Magnetfusion auf der globalen Forschungsagenda. Dafür gibt es zwei Konzepte: den Tokamak, ein torusförmiger Typ einer Fusionskammer, wo der magnetische Einschluss durch sich überlagernde Magnetfelder hergestellt wird. Eine Transformatorspule induziert dabei üblicherweise den Plasmastrom Das zweite Konzept heißt Stellarator, mit einer komplexen nicht rotationssymmetrischen Fusionskammer. Beim Stellarator wird der magnetische Einschluss durch ein einziges außen liegendes stromdurchflossenes Spulensystem erzeugt.

Know-how für die Laser- und die Magnetfusion

Mehr als 30 Institute der Fraunhofer-Gesellschaft erforschen, entwickeln und liefern schon heute Technologiebausteine für die Laserträgheits- und die Magnetfusion. Das Fraunhofer ILT bringt seine lasertechnischen Kompetenzen auf nationaler und internationaler Ebene in die Kernfusionsforschung ein und kooperiert mit dem Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien. Daneben treiben wir die Technologieentwicklung im Rahmen der staatlich geförderten Verbundforschung mit Partnern aus Industrie und Forschung voran.

Der Fokus liegt auf Hochenergielasern, hochbelastbaren Optiken, nachhaltigen photonischen Verfahren zur Fertigung von Kraftwerkskomponenten sowie so genannten Sekundärstrahlquellen. Hier dienen Laser zur Erzeugung von Röntgenstrahlung, extremer UV- (EUV)-Strahlung sowie als Basis für Neutronenquellen. Letztere werden benötigt, um Reaktormaterialien für Fusionskraftwerke unter Realbedingungen erproben zu können. Zudem ist das Werkzeug Licht zum Strukturieren der Oberflächen, zum Fügen und Trennen sowie zur Additiven Fertigung spezifischer Kraftwerkskomponenten im Einsatz.

Technologiebausteine für Fusionskraftwerke

Ein Blick in die Kalifornische Versuchsanlage NIF verdeutlicht, welchen technologischen Aufwand die Laserträgheitsfusion erfordert: Das NIF-Lasersystem vereint auf der Größe von drei Footballfeldern einen Laser mit 192 Beamlines, die mit Blitzlampen gepumpte Laserpulse von etwa zehn Nanosekunden Dauer erzeugen. Alle Pulse treffen gleichzeitig auf das Target und haben zusammen eine Energie von 2,05 Megajoule Energie. Das System operiert im ultravioletten Wellenlängenbereich bei 351 Nanometern (nm) und hat eine Spitzenleistung von 500 Terawatt. 

Für Fusionskraftwerke der Zukunft genügt das nicht. Das Design muss sich komplett verändern; unter anderem müssen die Blitzlichtlampen zugunsten der Effizienz durch Laserdioden ersetzt werden. Ein solches diodengepumptes Lasersystem müsste mindestens um Faktor 50 besser performen als die besten heute verfügbaren Laser. Die Zahl der Strahlgänge müsste sich mindestens verdoppeln. Statt einem Schuss pro Tag sind 10 bis 20 Zündungen pro Sekunde gefragt. Das setzt neue, hochbelastbare Optiken voraus, neue Reaktor-Materialien, Targetinjektoren und Targetkonzepte, austauschbare Reaktor-Module und neue Konzepte zur Wärmeabfuhr und -nutzung. Um all diese Technologiebausteine zur Marktreife zu bringen, hat spätestens seit dem erfolgreichen Fusionsexperiment im Dezember 2022 ein weltweiter Wettlauf eingesetzt. Das Fraunhofer ILT und viele weitere Institute der Fraunhofer-Gesellschaft sind in diesem Wettbewerb international gefragte Technologiepartner.

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