»Taumelnder« Laser: Rauheit sinkt um mehr als 60 Prozent
Den Laserstrahl ins Taumeln brachten die University of Wisconsin-Madison und das Bremer Institut für angewandte Strahltechnik BIAS. US-Wissenschaftler Patrick J. Faue stellte das trochoidale Laserpolieren vor, bei dem die Überlagerung von Spiral- und Kreisbewegungen den Strahl quasi taumeln lässt. Ein maximal 30 W starker Faserlaser (Wellenlänge: 1070 nm, Durchmesser Laserfokus: 150 μm) polierte Edelstahl 316L mit 30 mm/s Vorschub. Das deutsch-amerikanische Team untersuchte, wie drei verschieden taumelnde Strahlen (Bereich: 1 bis 15 μm) sich auf das Ergebnis auswirken. Interessanterweise senkten alle drei Taumelarten die Rauheit Ra um mehr als 60 Prozent. Es treten dabei allerdings Prozessartefakte zum Beispiel in Form von Oberflächenwelligkeiten auf.
Die Zunahme an additiv gefertigten Bauteilen beeinflusste auch die Inhalte der LaP 2020. Professorin Yingchun Guan, Beihang University in Peking, stellte Methoden zum Laserpolieren von metallischen 3D-Druck-Bauteilen vor, die unter anderem per Laser Powder Bed Fusion LPBF, einem laserbasierten 3D-Druckverfahren im Pulverbett, entstanden. Positive Erfahrungen machte das Institut unter anderem bei Titan und Nickellegierungen (Inconel 718), deren Rauigkeit Ra sich von mehr als 10 µm auf unter 0,1 μm senken ließ. Poliert wurden Turbinenkomponenten, sogenannte Blades, mit hoher Effizienz (100 bis 400 cm²/h). Das Polieren steigerte Härte und Verschleißfestigkeit um 25 bis 40 Prozent.
Porosität von metallischem 3D-Druckbauteil gesenkt
Wie sich die Porosität von oberflächennahen Schichten in LPBF-Bauteilen per Laserpolieren reduzieren lässt, untersuchte Lucas-Hermann Beste, Wissenschaftler am Bremer Institut für angewandte Strahltechnik BIAS, in Zusammenarbeit mit der University of Wisconsin-Madison, USA. Wie es gelingt, zeigte ein Versuch mit einer Kobaltchrom-Legierung (CoCr), einem Werkstoff, der oft in der Medizintechnik eingesetzt wird. Unter Argon-Schutzgas laserpolierte ein gütegeschalteter 35 W Festkörperlaser (1080 nm) einen kleinen CoCr-Würfel mit einem 120 μm Laserstrahl und einem Vorschub von 120 bis 200 mm/s. Die Porosität ließ sich dabei um bis zu 63 Prozent und die Rauheit Sa um rund 75 Prozent auf durchschnittlich 2 μm verringern.
Zu besonders anspruchsvollen Bauteilen zählen Werkzeuge und Formen, denn mit dem Polieren steht und fällt die spätere Qualität und das Aussehen der entsprechenden Produkte. Wegen der anspruchsvollen Geometrie erklärte Laura Kreinest, Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Digital Additive Production DAP der RWTH Aachen University, wie sich der Laserprozess an die oft sehr ungleichmäßigen Bearbeitungspfade anpassen lässt. Sie demonstrierte es anhand eines Werkzeugs aus GGG40, mit dem Glasflacons entstehen. Infrage kamen drei Prozessstrategien: Laserpolieren mit 5+3-, 8- oder 9-Achs-Bearbeitung. Bei komplexen Geometrien ist besonders die 9-Achs-Simultanbearbeitung vorteilhaft, da hier die CAM-NC-Bahnplanung in Werkstückkoordinaten infrage kommt. Bewährt hat sich dabei der Einsatz einer CAM-NC-Datenkette (z. B. Powermill, Technology Processor TP4, LasPC), die vom Fraunhofer ILT entwickelt wurde. Die Laserpolitur wurde auf einer Maschine der Maschinenfabrik ARNOLD aus Ravensburg demonstriert. Ausgelegt ist die Maschine für bis zu 100 kg schwere Bauteile und einen Durchmesser von maximal 450 mm.
Die Qualität des Laserpolierprozesses lässt sich bei der Vielzahl von beeinflussenden Parametern erhöhen, wenn das Verfahren mit Blick auf die Prozesssicherheit überwacht wird: Jack Anthony Beyfuss, Associate Professor und Director of Research University of Western Ontario, London (Kanada) setzt dabei auf thermografische Echtzeit-Überwachung und KI-Software. Ein Tachyon MWIR-Kamerasystem zeichnete die Arbeitsweise von polierenden Lasern (5 bis 35 W) mit 3000 Bildern pro Sekunde (64x64 Pixel) auf, um unter anderem mit Hilfe der Analysesoftware MATLAB die dabei entstehende enorme Datenmenge im Sinne einer effizienten Weiterverarbeitung zu reduzieren. Laut Beyfuss zeigte sich, dass die Analyse der Mustererkennung die Auswahl der am besten geeigneten Informationsmerkmale ermöglicht. Den Regelkreis schloss er mit Hilfe eines KI-Programms, das nach dem Prinzip des Machine-Learnings im Zusammenspiel mit einem Bayes'schen Netz arbeitet.
Unterm Strich: Erfolgreiche Online-Premiere
Zufrieden stellte Initiator und Moderator Willenborg vom Fraunhofer ILT abschließend fest: »LaP Nummer vier musste virtuell stattfinden, doch die Premiere hat prima geklappt. Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit der internationalen Laserpoliergemeinde auf der fünften LaP, die im Jahr 2022 hoffentlich wieder live in Aachen stattfindet.«
Autor: Nikolaus Fecht im Auftrag des Fraunhofer ILT