Laserpolieren von Kunststoffen

Kunststoffmikrolinsen aus einem Acrylat (links: laserpoliert).
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Kunststoffmikrolinsen aus einem Acrylat (links: laserpoliert).

Mit dem zunehmenden Einsatz der additiven Fertigung von Kunststoffen steigt auch der Bedarf an flexiblen Nachbearbeitungsverfahren. Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT erforscht und entwickelt neue Verfahren und Bearbeitungsstrategien speziell für das Laserpolieren von Kunststoffen. Auch für Spritzgussbauteile, Prototypen oder Kunststoffoptiken bietet das Laserpolieren flexible und effiziente Lösungen, die für Kunden aus Industrie und Forschung maßgeschneidert auslegt werden.

Herausforderungen bei der präzisen Oberflächenbearbeitung

Laserpoliertes SLS-Bauteil (links) aus PA12.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Laserpoliertes SLS-Bauteil (links) aus PA12.

Durch die additive Fertigung entstehen neue Freiheitsgrade bei der Herstellung von 3D-Bauteilen, die oft unzureichende Qualität der Oberfläche ist allerdings ein großes Manko dieser Technologien. Eine große Oberflächenrauheit beeinflusst sowohl die mechanischen Eigenschaften als auch das optische Erscheinungsbild der gefertigten Bauteile negativ. Bei Spritzgussbauteilen ist die Oberflächenrauheit zwar meistens bereits ausreichend klein, hier ist jedoch teilweise eine Nachbearbeitung der Spritzgussnaht erforderlich.

Bei der Fertigung von Kunststoffoptiken werden höchste Anforderungen an die Oberflächenrauheit gestellt um eine möglichst scharfe Abbildung zu erzeugen und im Prototypenbau ist eine flexible und schnelle Nachbearbeitung erforderlich. Der Bedarf an innovativen und flexiblen Nachbearbeitungsverfahren ist daher groß. Das Laserpolieren bietet hier effiziente Lösungen für viele Anwendungen.

Oberflächenglättung durch Laserpolieren

Laserpolierte FDM-Bauteile aus PEEK.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Laserpolierte FDM-Bauteile aus PEEK.

Das Prinzip des Laserpolierens basiert auf dem kontrollierten Aufschmelzen der Bauteiloberfläche durch Laserstrahlung und anschließender Glättung der Rauheit durch die Oberflächenspannung. Für eine geringe Oberflächenrauheit müssen die erzeugten Schmelzbäder eine bestimmte Existenzdauer und Stabilität aufweisen. Voraussetzung ist daher, dass nachzubearbeitende Kunststoffbauteile thermoplastisch sind. Üblicherweise eignet sich CO2-Laserstrahlung besonders gut, da diese in Kunststoffen meist sehr oberflächennah absorbiert wird. Vorteile im Vergleich zu klassischen Nachbearbeitungsverfahren (z. B. manuelles Schleifen und Polieren, Gleitschleifen oder chemisches Ätzen) sind insbesondere der hohe realisierbare Automatisierungsgrad, die hohe Prozessgeschwindigkeit, die Flexibilität bezüglich der Geometrie, die berührungslose und fremdpartikelfreie Bearbeitung sowie die Möglichkeit der selektiven Bearbeitung.

Quasi-Top-Hat-Scanstrategie für flexible und stabile Bearbeitungsprozesse

SLS-gefertigte Bauteile aus PA12 und PP mit polierten bzw. teilpolierten Flächen.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
SLS-gefertigte Bauteile aus PA12 und PP mit polierten bzw. teilpolierten Flächen.

Um einen kontrollierten und robusten Prozess zu gewährleisten, wurde die sogenannte Quasi-Top-Hat-Scanstrategie unter Verwendung einer temperaturgeregelten Laserleistung entwickelt. Damit lassen sich große Bereiche der zu bearbeitenden Oberfläche ohne den Einsatz von komplizierten Strahlformungsoptiken homogen aufheizen. Außerdem können verschiedene Intensitätsverteilungen durch die Scanbewegung abgebildet werden, sodass sich z. B. die aufgeschmolzene Fläche an die Bauteilgeometrie angepassen lässt. Die Temperaturregelung erlaubt dabei eine stabile Prozessführung. Zusätzlich kann durch diese Bearbeitungsstrategie der Prozess auf die zwei wesentlichen Prozessgrößen – Oberflächentemperatur und Schmelzbadexistenzdauer – reduziert werden, was die Parameterfindung bei Erweiterung des Materialspektrums deutlich erleichtert.

Laserpolieren von additiv gefertigten Kunststoffen

SLS-gefertigtes, teilpoliertes Bauteil aus PA12.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
SLS-gefertigtes, teilpoliertes Bauteil aus PA12.

Mit der Quasi-Top-Hat-Scanstrategie lassen sich nahezu beliebige 2D-Geometrien laserpolieren. Bei planen und leicht gekrümmten Oberflächen ist die Materialbearbeitung zudem besonders einfach, da keine Rotation des Bauteils erforderlich ist. Flächen zwischen ca. 1 und 1000 mm² können in einem Arbeitsschritt poliert werden, selbst wenn diese Flächen schwer zugängliche Stellen wie z. B. Stufen oder Einbuchtungen aufweisen. Auch einfache 3D-Geometrien wie z. B. Würfel, Pyramiden oder leicht gekrümmte Flächen können so effizient bearbeitet werden. Bei komplexeren Bauteilen muss zusätzlich ein Handlingsystem eingesetzt werden.

Ergebnisse auf Materialien wie PA12, PEEK, PP, TPU und vielen weiteren zeigen, dass die Rauheit von 3D-gedruckten Kunststoffbauteilen um einen Faktor 5 bis 50 verringert werden kann. So wird beispielsweise die Rauheit eines SLS-gedruckten PA12-Bauteils in einem planen, 10 x 10 mm² großen Feld von Sa = 10 μm auf Sa = 0,5 μm reduziert. Bei mittels FDM-Verfahren gedruckten PEEK-Bauteilen lässt sich die Rauheit von Sa = 15 μm auf Sa = 0,5 μm reduzieren.

Nachbearbeitung von Prototypen und Optiken

Das Laserpolieren ist nicht nur für additiv gefertigte Kunststoffbauteile interessant, sondern insbesondere auch für den nicht-additiven Prototypenbau, da die Prozessgeschwindigkeit und Flexibilität bezüglich der Geometrie bei diesem Verfahren sehr hoch sind. Optiken oder Optikprototypen aus Kunststoff, z. B. für Brillengläser, können so schnell poliert werden. Gedrehte Brillenglasoptiken aus Polycarbonat lassen sich beispielsweise mit einer Bearbeitungsgeschwindigkeit von 10 cm²/s effizient laserpolieren. Zudem kann die Kombination einer Formgebung durch den Abtrag mit Ultrakurzpulslaserstrahlung und anschließendem Laserpolieren z. B. für die Herstellung von Mikrolinsen eingesetzt werden. Bei spritzgegossenen Kunststoffteilen müssen häufig eine oder mehrere Trennnähte auf der Oberfläche nachbearbeitet werden. Diese können durch das Laserpolieren zwar in der Regel nicht komplett entfernt werden, jedoch lässt sich die Scharfkantigkeit und Höhe einer Spritzgussnaht signifikant verringern.