Polygonscanner für die Lasermaterialbearbeitung

cw-Laserstrukturierung für Kunststoff-Metallverbindungen.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
cw-Laserstrukturierung für Kunststoff-Metallverbindungen.

Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT entwickelt applikationsspezifische, polygonbasierte Laserscannersysteme für Anwendungen im Bereich der Oberflächenbearbeitung. Für einen effizienten Laserabtrag werden hohe mittlere Leistungen und hohe Pulsrepetitionsraten bzw. hohe Pulsenergien benötigt. Mit Polygonscannern kann die verfügbare Leistung entsprechender Ultrakurzpulslaser optimal genutzt werden, wobei das bearbeitete Material nicht überhitzt. Dies ermöglicht eine Steigerung der Produktivität durch hohe Flächen- und Volumenabtragraten.

Systemtechnik

Bei der Hochpräzisions-Lasermaterialbearbeitung werden Ultrakurzpulslaser (UKP-Laser) verwendet um die Wärmeeinflusszonen zu minimieren. Um das Überhitzen des Materials zu vermeiden, wird eine Systemtechnik benötigt, mit der die erforderliche hohe mittlere Leistung schnell auf dem Material verteilt werden kann. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten: Einerseits kann die Prozessparallelität und andererseits die Prozessgeschwindigkeit erhöht werden. Für eine Erhöhung der Scangeschwindigkeit sind niedrige Pulsenergien und hohe Repetitionsraten erforderlich. Bei hohen Repetitionsraten ist die Maximalgeschwindigkeit von Galvanometerscannern für den nötigen Pulsabstand nicht ausreichend, sodass Laser hierbei nur mit reduzierter Leistung betrieben werden können.

Der Spiegel eines Polygonscanners rotiert mit einer hohen konstanten Geschwindigkeit, wodurch eine hohe maximale Scangeschwindigkeit erreicht wird. Dies ermöglicht einen niedrigen Pulsüberlapp für optimale Prozessergebnisse und die Nutzung der vollen Laserleistung. Für eine zweidimensionale Bearbeitung wird die Position der Scanlinie entweder durch das Verfahren des Werkstücks oder durch Verwendung eines zusätzlichen Galvanometerspiegels verändert. Die puls- und positionsgenaue Modulation des Laserstrahls erfolgt synchronisiert zur Bewegung des Polygons und der zweiten Achse.

Typische Systemparameter

UKP-strukturierten Stahlprobe.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
UKP-strukturierte Stahlprobe.
  • Wellenlängen:1030 nm bis 1070 nm, 532 nm, 355 nm
  • Apertur: 20 mm
  • Brennweite: 163 mm / 340 mm
  • Scangeschwindigkeit: 360 m/s / 750 mm/s
  • Scanlänge: 100 mm / 210 mm
  • Modulationsauflösung: 12,5 ns / 1 μs
  • Modulationsjitter: 25 ns / 5 μs

Je nach verwendetem Steuerungssystem und Aufbau des Scankopfes sind unterschiedliche räumliche Auflösungen möglich. Für die Scangeschwindigkeit von 100 m/s bei einer Brennweite von 163 mm ist mit einem Hybridscanner zum Beispiel eine Auflösung von ±3 μm erreichbar.

Anwendungen

Prinzipdemonstrator eines Hybrid-Polygonscanners.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Prinzipdemonstrator eines Hybrid-Polygonscanners.

Anwendungsgebiete von Polygonscannern umfassen die großflächige Strukturierung oder Behandlung verschiedener Materialien mit Hochleistungs-Ultrakurzpulslasern sowie cw-Lasern. Das Fraunhofer ILT entwickelt individuelle Polygonscannersysteme für verschiedene UKP- und cw-basierte Anwendungen.

Hybridscanner für großflächige cw-Anwendungen

UKP-Laserstrukturierung von Stahl bei 300 m/s.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
UKP-Laserstrukturierung von Stahl bei 300 m/s.

Ein entwickeltes System verwendet einen 2 kW-Faserlaser um Gräben mit Hinterschnitt in einem kontinuierlichen Prozess für großflächige Kunststoff-Metallverbindungen zu erzeugen. Ein zusätzlicher Galvanometerspiegel wird eingesetzt um den konstanten Vorschub des Werkstücks temporär zu kompensieren, die gewünschte Anzahl an Überfahrten und den genauen Linienabstand einzustellen. Das Industriestandard- Steuerungssystem ermöglicht die Laserstrahlmodulation mit einer Zeitauflösung von weniger als 1 μs. Hierdurch können Anfang und Ende der Bearbeitung präzise eingestellt werden.

Polygonscanner für die UKP-Parallelbearbeitung

Plasma der UKP-Laserstrukturierung von Stahl.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Plasma der UKP-Laserstrukturierung von Stahl.

Ein zweites System wurde für das Dicing von Halbleiterwafern bei UKP-Prozessen am Fraunhofer ILT konzipiert. Zusätzlich zur schnellen Ablenkung über den Polygonscanner wird der Laserstrahl in drei parallele Linien mit einstellbarem Abstand aufgeteilt. Dies ermöglicht die Nutzung höherer mittlerer Leistungen unter Vermeidung störender Wärmeeinflüsse. Bei höheren Scangeschwindigkeiten ist die zeitliche Genauigkeit der Industriesteuerung nicht ausreichend, weswegen hier FPGAbasierte Steuerungen (Field Programmable Gate Arrays) mit Zeitauflösungen zwischen 10 ns und 100 ns eingesetzt werden.

Polygonscanner für UKP-Tiefengravur

UKP–Lasersystem für die 2,5-dimensionale Strukturierung.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
UKP–Lasersystem für die 2,5-dimensionale Strukturierung.

Für das 2,5-dimensionale Strukturieren oder für die Tiefengravur mit Hochleistungs-UKP-Lasern wurde eine dritte
Variante des Polygonscanner-Systems entwickelt. Hier wird die zweidimensionale Bearbeitung durch Verschieben des Werkstücks mit einer hochpräzisen Linearachse erreicht. Dieses System ermöglicht die Tiefengravur von Oberflächen bei hohen Abtragvolumenraten mit UKP-Lasern. Typischerweise werden Pulsfrequenzen zwischen 2 und 20 MHz und mittlere Leistungen über 100 W bei Scangeschwindigkeiten von über 100 m/s verwendet. In diesem Prozessregime sind Volumenabtragraten von mehr als 10 mm3/min für die bitmapbasierte Strukturierung bei Schichthöhen von 100 nm kein Problem mehr.

Weitere Anwendungsbereiche

Polygonscannersysteme finden z. B. auch bei der laserbasierten Oberflächenreinigung oder im Hochratelaserbohren Anwendung. Das System für die Hochgeschwindigkeitsbearbeitung mit cw-Lasern kann z. B. für das quasisimultane Löten von Solarzellen eingesetzt werden. Scannerkopf und Steuerung können je nach Applikationsanforderungen kombiniert bzw. aufeinander abgestimmt werden.