Sensorik für die Fertigungsmesstechnik

Themenbroschüre Sensorik für die Fertigungsmesstechnik
Themenbroschüre »Sensorik für die Fertigungsmesstechnik«

Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT entwickelt laserbasierte Messverfahren für Aufgaben in der modernen Fertigung und für eine inlinefähige Prozesskontrolle. Gemeinsam mit Kunden und Partnern setzen wir diese z. B. in Prototypen und Kleinserien um. Einen FuE-Schwerpunkt bilden absolut messende interferometrische Abstandsensoren, mit denen sich u. a. geometrische Eigenschaften von Bauteilen mit sehr hoher Genauigkeit und hohem Durchsatz messen lassen. Ein weiterer Fokus liegt auf der Verwendung neuartiger Quantenlichtquellen zur Erzeugung verschränkter Photonenpaare, mit denen bislang schwer zugängliche Spektralbereiche in der Fertigungsmesstechnik genutzt werden können.

Absolut messende interferometrische Abstandsensoren

Abstandsensoren, die auf dem interferometrischen Messprinzip basieren, liefern äußerst präzise Messwerte bei gleichzeitig hohen Messfrequenzen. Die Messstrahlung kann über Lichtwellenleiter oder im Freistrahl geführt werden, weshalb auch baulich schwer zugängliche Messpositionen erreicht werden. Während relativ messende Laser-Interferometer eine einzelne Wellenlänge nutzen und einen eindeutigen Messbereich von rund einem Mikrometer haben, werten absolut messende Interferometer des Fraunhofer ILT bis zu 4000 einzelne Wellenlängen aus und erreichen so eindeutige Messbereiche von 20 Millimetern.

Die absolut messenden interferometrischen Sensoren des Fraunhofer ILT sind aus eigenen Entwicklungen im Bereich der optischen Kohärenztomographie (OCT) für medizinische Anwendungen hervorgegangen. Schwerpunkte der Weiterentwicklung waren die Realisierung großer Messbereiche bei gleichzeitig sehr geringen Linearitätsabweichungen sowie die kontinuierliche Datenauswertung in Echtzeit bei Messfrequenzen bis 80 kHz. Die Ergebnisse aus Klimakammer-Langzeittests belegen die stabile Funktionalität der entwickelten Sensoren – so sind diese beispielsweise robust gegenüber Temperaturschwankungen im Bereich von 5°C bis 50°C.

In der Fertigungsmesstechnik wurden absolut messende interferometrische Sensoren des Fraunhofer ILT bereits für den 24/7-Einsatz validiert, u. a. bei Einzelschichtdickenmessungen von Multilayer-Kunststofffolien, bei Metallband-Dickenmessungen in Kaltwalzstraßen und bei Einschweißtiefenmessungen in Laserschweißanlagen.

»bd-x«-Sensorfamilie

Die opto-mechanische Integration erfolgt über kompakte, robuste Messköpfe, die über Lichtwellenleiter mit bis zu 50 m Länge mit der interferometrischen Auswerteeinheit verbunden sind. Die Messstrahlung wird vom Messkopf in Richtung Objektoberfläche gestrahlt und von dort in Richtung des Messkopfs zurückgestreut. Diese bidirektionale (kurz: bd) Strahlführung erfordert nur wenig Platz für die Integration der Sensoren in Anlagen und Fertigungslinien. In Laserbearbeitungsanlagen sind entsprechende Sensoren vorteilhaft, da ihre Messstrahlung der Bearbeitungsstrahlung koaxial überlagert und über eine prozessseitig bereits vorhandene Fokussieroptik geführt werden kann, sodass unmittelbar am Bearbeitungsort Abstandsmessungen möglich sind.

Durch Bewegungen des Messobjekts oder eine Messstrahlablenkung z. B. mittels Scannerspiegel können aus 1D-Abstandsmessungen Geometriemerkmale wie Stufenhöhen, Lochtiefen, Einschweißtiefen, Oberflächentopographien aber auch ortsaufgelöste Schichtdicken- und 3D-Tomographieaufnahmen erzeugt werden. Dabei wird die Messsignalqualität weder bei Messungen an glühenden Objekten (z. B. Glas, Metall) noch durch Laserbearbeitungsstrahlung oder -plasmen (etwa beim Laserschweißen) noch durch eingebrachtes Metallpulver (z. B. beim Laserauftragschweißen) signifikant gestört.

Die absolut messenden interferometrischen Sensoren des Fraunhofer ILT können je Gerät mit voneinander unabhängigen Messköpfen für bis zu vier Messstellen ausgestattet werden. In einem Zeitmultiplexverfahren wird die nutzbare Messfrequenz von beispielsweise 80 kHz (»bd-1«) z. B. auf zwei Messstellen mit je 40 kHz (»bd-2«) oder auf vier Messstellen mit jeweils 20 kHz (»bd-4«) aufgeteilt. Neben gleichmäßigen Aufteilungen der Messfrequenz sind auch asymmetrische Aufteilungen realisierbar wie 90 Prozent der Messungen an Messstelle 1 und 10 Prozent an Messstelle 2. Das reduziert die Gesamtkosten für Sensoranordnungen, die mehrere Messstellen erfordern, signifikant um etwa zwei Drittel.

Verfügbare Strahlungsquellen und Wellenlängen

Die vom Fraunhofer ILT meistgenutzte Messwellenlänge der absolut messenden interferometrischen Sensoren liegt bei 850 nm, da sich die entsprechende Strahlung mit kostengünstigen CCD- oder CMOS-Sensoren detektieren lässt. Neben Abstandsmessungen zu Oberflächen sind auch Schichtdicken- und Tomographiemessungen an transparenten Objekten wie Gläsern und Kunststoffen möglich.

Darüber hinaus wurden Sensoren mit Messwellenlängen von 1064 nm und 1550 nm realisiert, um anwendungsspezifische Anforderungen zu erfüllen. Allerdings sind hier zur Detektion der Messstrahlung vergleichsweise teure InGaAs-Sensoren erforderlich.

Gegenstand von Forschung und Entwicklung sind zudem Quantenlichtquellen zur Erzeugung verschränkter Photonenpaare. Hier werden Photonen im mittleren Infrarot (MIR) zur Abtastung von Messobjekten erzeugt, die ihre Messinformation auf verschränkte Photonen im gut detektierbaren sichtbaren (VIS) oder nahinfraroten (NIR) Wellenlängenbereich übertragen. Dadurch wird der MIR-Wellenlängenbereich von 2 μm bis 10 μm erstmals für die Fertigungsmesstechnik zugänglich. Langwellige Messstrahlung ist z. B. bei Schichtdickenund Tomographiemessungen an Objekten wie Keramiken, gefärbten Kunststoffen oder Schäumen vorteilhaft. Diese streuen im VIS- und NIR-Bereich stark, zeigen im MIR-Bereich aber nahezu keine Streuung, sodass größere optische Eindringtiefen erreicht werden.

Echtzeit-Datenverarbeitung

Die Entwicklungen des Fraunhofer ILT sind auf anspruchsvolle Aufgaben in der Fertigungsmesstechnik ausgerichtet, die neben lichtstarken, robusten opto-mechanischen Anordnungen vor allem eine zuverlässige und unterbrechungsfreie Datenverarbeitung umfassen. Diese weist bei Messfrequenzen von 80 kHz und einer PC-basierten blockweisen Verarbeitung Latenzzeiten von 20 ms auf und wird vorrangig zur Qualitätssicherung eingesetzt. Zur Regelung schneller Bearbeitungs- und Fertigungsprozesse im 24/7-Einsatz wurden FPGA-basierte Elektroniken entwickelt, die eine Messdatenverarbeitung bei 80 kHz und Ausgabe eines Regelungssignals mit einer Latenzzeit von lediglich 150 μs ermöglichen.

Angebot

Im Bereich der absolut messenden interferometrischen Sensoren bietet das Fraunhofer ILT Studien, Projekte zur Prototypentwicklung, zur Kleinserienfertigung und die anschließende Übergabe von Fertigungsunterlagen an Lizenznehmer an. Im Rahmen öffentlich geförderter FuE-Projekte werden neue Anwendungsgebiete für die Sensoren erschlossen.