Wärmebehandlung mit Laserstrahlung

Crashboxen ohne und mit lokaler Entfestigung (in Kooperation mit IBF – RWTH Aachen University).
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Crashboxen ohne und mit lokaler Entfestigung (in Kooperation mit IBF – RWTH Aachen University).

Laserstrahlung eignet sich hervorragend zur präzisen und lokal begrenzten Wärmebehandlung metallischer
Werkstoffe, wodurch Bauteileigenschaften lokal gezielt angepasst werden können. Das Fraunhofer-Institut
für Lasertechnik ILT entwickelt im Bereich der Wärmebehandlung kundenspezifische Lösungen für individuelle
Aufgabenstellungen.

Das Verfahren

Bei der Wärmebehandlung mit Laserstrahlung wird der Werkstoff lokal bis zu einer Temperatur unterhalb der Schmelztemperatur aufgeheizt. Je nach Wandstärke wird nur eine Randschicht oder der gesamte Querschnitt (z. B. bei einem Blech) erwärmt. Im Unterschied zu einer Ofenbehandlung handelt es sich immer um eine Kurzzeitwärmebehandlung mit Zykluszeiten im Bereich weniger Sekunden. Parameter wie Aufheizrate, Maximaltemperatur und Abkühlrate werden je nach Anforderung angepasst. Durch eine Temperaturregelung mit Pyrometer oder Kamera lassen sich reproduzierbare Ergebnisse für die Serienfertigung erzielen.

Randschichthärten

Lokale Entfestigung einer pressgehärteten B-Säule.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Lokale Entfestigung einer pressgehärteten B-Säule.

Beim Härten eines Bauteils aus Stahl oder Gusseisen wird die Randschicht kurzzeitig austenitisiert. Anschließend fließt die eingebrachte Wärme bei der Abkühlung rasch in das kalte Volumen ab. Durch diesen Selbstabschreckungseffekt wird Austenit in Martensit umgewandelt. Bei dünnwandigen Bauteilen ist gegebenenfalls zusätzlich ein externes Kühlmedium erforderlich. Bis zu einer Tiefe von ca. 1 mm lässt sich diese Umwandlung einstellen. Die Martensitbildung ist dabei mit einer Härtesteigerung des Materials verbunden, wodurch sich die Verschleißbeständigkeit des Bauteils erhöht. Das Gefüge des Bauteilvolumens bleibt dabei unbeeinflusst, sodass z. B. Zähigkeit und Verschleißbeständigkeit optimal miteinander kombiniert werden können. Die bei der Martensitbildung induzierten Druckeigenspannungen ermöglichen darüber hinaus eine Verbesserung des Ermüdungsverhaltens schwingend beanspruchter Bauteile.

Optiken und Laserstahlquellen

Lokales Härten eines kaltumgeformten Bauteils.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Lokales Härten eines kaltumgeformten Bauteils.

Mit strahlformenden Optiken lässt sich der Laserstrahl individuell an die jeweilige Aufgabenstellung bzw. an die Geometrie der zu härtenden Bahn anpassen, bei Bedarf auch während des Prozesses. Sehr gut geeignet sind Zoomoptiken mit rechteckigem Querschnitt, die homogene Intensitätsverteilungen erzeugen. Hochleistungslaser im Wellenlängenbereich um 1 μm (Diodenlaser, Scheibenlaser, Faserlaser) benötigen in der Regel keine Absorberschicht auf dem Werkstück zur Erhöhung der Absorption.

Anwendungsbeispiel: Härten von Torsionsfedern

Lokales Härten eines kaltumgeformten Bauteils.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Lokales Härten eines kaltumgeformten Bauteils.

Bei Torsionsfedern von Türscharnieren tritt im Kontaktbereich zu den Führungsrollen Verschleiß auf. Bei der sogenannten Zweistrahltechnik wird der Kontaktbereich über einen Umfang von 170° und eine Länge von 10 - 12 mm mit Diodenlaserstrahlung gehärtet. Die Volumeneigenschaften der Torsionsfeder bleiben dabei erhalten.

Entfestigen

Beim Entfestigen wird ein gehärtetes oder kaltverfestigtes Gefüge durch kurzzeitige Erwärmung angelassen bzw. rekristallisiert. Hierbei nehmen Härte- und Festigkeitsgrad des Materials ab und gleichzeitig erhöht sich die Duktilität.

Anwendungspotenzial bei Presshärtstählen

Lokale Entfestigung eines Kaltumform stahls (in Kooperation mit BILSTEIN).
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Lokale Entfestigung eines Kaltumform stahls (in Kooperation mit BILSTEIN).

Das lokale Entfestigen kann bei (press)gehärteten Blechen aus Stahl genutzt werden. Mittels Presshärten werden zahlreiche Automobilbauteile hergestellt. Die hohe Festigkeit von bis zu 1500 MPa beeinträchtigt jedoch das Crashverhalten z. B. einer B-Säule. In kritischen Bereichen wie Schweißpunkten kann hier die lokale Entfestigung mit Laserstrahlung Abhilfe schaffen.

Verbesserung des Umformvermögens bei Kaltumformstählen

Kaltverfestigte, ferritische Stähle wie z. B. IF- oder mikrolegierte Stähle werden für nachfolgende Umform- und Stanzoperationen nach dem Kaltwalzen zumeist global rekristallisationsgeglüht. Die lokale Entfestigung mit Laserstrahlung in kritischen Bereichen erhöht das Umformvermögen und ermöglicht die Weiterverarbeitung im verfestigten Zustand. Hierdurch eröffnen sich Potenziale für den Leichtbau. Weiterhin kann die lokale Wärmebehandlung genutzt werden, um durch Aufprägen weicher Zonen die Crasheigenschaften von Bauteilen zu verbessern.

Lokale Entfestigung von gehärteten Bauteilen

Härten einer Torsionsfeder.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Härten einer Torsionsfeder.

Eine weitere potenzielle Anwendung ist die lokale Entfestigung massiver, gehärteter Bauteile. Angepasste Stahllegierungen und Vergütungsverfahren erlauben mittlerweile die Einstellung höchster Härte in einem Bauteil, woraus Gewichtsreduktion oder verbesserter Verschleißschutz resultieren. Bei dieser Art von Bauteilen besteht jedoch in kritischen Bereichen wie z. B. Radien die Gefahr des vorzeitigen Versagens durch Sprödbruch oder Ermüdung. Mithilfe einer gezielten lokalen Entfestigung durch Anlassen in der Randzone kann dies ohne Veränderung der Volumeneigenschaften vermieden werden.

Intrinsische Wärmebehandlung in der Additiven Fertigung

Bei der laserbasierten Additiven Fertigung erfährt bei jeder aufgetragenen Schweißbahn das daneben- und darunterliegende feste Volumen eine zyklische Aufheizung und Abkühlung. Mit zunehmender Entfernung von der Schweißbahn findet dieser Zyklus mit niedrigeren Temperaturen statt. Bei der sogenannten intrinsischen Wärmebehandlung wird dieser Temperaturzyklus gezielt für das Auslagern oder Anlassen genutzt. Je nach chemischer Zusammensetzung des Materials und einer entsprechend hohen Ausscheidungskinetik, können mit diesem Verfahren Ausscheidungen bereits im additiven Prozess erzeugt werden, sodass eine nachfolgende Ausscheidungshärtung im Ofen nicht mehr erforderlich ist.