Sie sind unscheinbar und winzig, trotzdem steht und fällt der Einsatz eines modernen Fahrzeugs mit ihnen: Die Rede ist von mehreren Tausend Steckverbindern im Auto, über die Signal- und Steuerströme fließen. Bisher entstehen diese Kontaktteile z. B. bei der KOSTAL Kontakt Systeme GmbH in Lüdenscheid im klassischen Stanz-Biege-Prozess. Das altbewährte mechanische Verfahren stößt jedoch zunehmend an seine Grenzen, denn gefragt sind wegen der gesteigerten Anzahl an Verbindungselementen deutlich kleinere Steckverbinder, deren Kontakteile im Zuge der Miniaturisierung immer filigranere Strukturen aufweisen.
Insbesondere bei der Erzeugung von Kontaktierungsbereichen mit mehreren unabhängig voneinander federnden Kontaktpunkten auf kleinstem Bauraum eröffnet das Laserschneiden bislang nicht zu realisierende Design-Optionen. Dabei stützt die Redundanz der Kontaktpunkte die gerade im Bereich der Signalübertragung trotz kleinster Kontaktsysteme geforderte elektrische Robustheit.
Laserbasiertes Wendelbohren: Hochpräzise Alternative zu mechanischen Verfahren
Eine weitere Ergänzung ist das Wendelbohren mit Ultrakurzpulslasern (UKP-Lasern): Das patentierte Verfahren des Fraunhofer ILT hat sich bereits bei Präzisionsmikrobohrungen mit großem Aspektverhältnis in Stahl, Glas und Keramik bewährt. Für das Wendelbohren spricht die Präzision: Der Fokusdurchmesser beträgt 25 µm – bei einer Rauheit Ra an den Bohrlochwänden von weniger als 0,5 µm. Die hohe Qualität wird aber nur bei geringer Prozessgeschwindigkeit erreicht.
Verbundprojekt ScanCut setzt auf Zusammenspiel mit Multistrahloptik
Doch lässt sich das bewährte Verfahren auch zum Schneiden von Blechteilen einsetzen? Wie lässt sich die Prozessgeschwindigkeit erhöhen, damit es auch für die Serienproduktion infrage kommt? Unter dieser Fragestellung starteten KOSTAL und das Fraunhofer ILT mit der Amphos GmbH und der Pulsar Photonics GmbH aus Herzogenrath das Verbundprojekt ScanCut, das mit Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung EFRE und des Landes NRW gefördert wurde. »Im Projekt setzten wir unsere Wendelbohroptik zusammen mit einem Multistrahlmodul der Pulsar Photonics GmbH und einer HighPower-Strahlquelle der Amphos GmbH ein«, erklärt Jan Schnabel, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gruppe Mikro- und Nanostrukturierung am Fraunhofer ILT. »So ließen sich die Präzision und Qualität des Wendelbohrprozesses mit der Produktivität einer Multistrahlbearbeitung kombinieren«.
Bei der Amphos GmbH wurde eine HighPower-Strahlquelle basierend auf der InnoSlab Technologie, mit einer Ausgangsleistung von 300 W bei einer Pulsenergie von 3 mJ entwickelt.
Prototypenanlage funktioniert, Folgeprojekt in Sicht
Die hohe Pulsenergie ist nötig bei einer Teilung des Laserstrahls auf bis zu 20 Einzelstrahlen. Doch zunächst untersuchten die Projektpartner bei Tests mit zwei- bis sechsfacher Strahlteilung, ob der Multistrahlansatz funktioniert.
In einem Folgeprojekt wollen die Pulsar Photonics GmbH und das Fraunhofer ILT die Wendelschneid-Technologie mit Multistrahlansatz weiterentwickeln, auch die im Projekt gewonnen Erkenntnisse zur Entwicklung von HighPower-Strahlquellen werden zum Ausbau des Portfolios der Amphos GmbH eingesetzt.
Automatisierte Justage erleichtert Lasereinsatz
Besonderes Augenmerk legten die Projektpartner auf die Automatisierbarkeit. »Wir haben elektrisch verstellbare Spiegel- und Optikhalter implementiert, um automatische Strahllagen-Justage zu ermöglichen«, sagt Schnabel. »Nun lässt sich dank einer entsprechend programmierten Software-Routine die Justage der Wendelbohroptik per Knopfdruck starten, ohne dass ein Mitarbeiter von uns anreisen muss.«
Das EFRE-geförderte Projekt »ScanCut – Laserschneiden im Stanzprozess« mit Laufzeit von drei Jahren wurde im Februar 2020 abgeschlossen.