Serienreif geht‘s in die Wasserstoff-Zukunft
»Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern.« So schwärmte Jules Verne von der Brennstoffzelle, deren Arbeitsweise der schwäbische Chemieprofessor Christian Friedrich Schönbein 1838 per Zufall bei einem Experiment entdeckt hatte. Doch die Zeit war noch nicht reif für Schönbeins Gasbatterie, wie er sie nannte.
Kommt der Durchbruch mit dem Schwerlast-Lkw?
Jules Vernes Vision wird vielleicht jetzt Wirklichkeit – allerdings im Straßenverkehr: Auf den großen Durchbruch der Brennstoffzelle im mobilen Einsatz setzt über 180 Jahre später Verkehrsminister Dr. Volker Wissing, der mit 80 Millionen Euro die Lkw-Brennstoffzellenproduktion fördert, den ein Zusammenschluss von 19 Fraunhofer-Instituten im Projekt »H2GO – Nationaler Aktionsplan Brennstoffzellenproduktion« in die Tat umsetzen soll. Unter der Koordination des Chemnitzer Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU soll das ehrgeizige Projekt laut Wissing wesentlich dazu beitragen, die Kosten für Wasserstofffahrzeuge im Schwerlastverkehr deutlich zu reduzieren.
Wie intensiv Forschung und Industrie bereits in Aachen daran arbeiten, bewies das 3. LKH2. Im Mittelpunkt des Events stand die Serienproduktion von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen. Jeder dieser sogenannten Stacks benötigt außer der Membran-Elektroden-Einheit jeweils rund 300 bis 400 Bipolarplatten (BPP). Noch ist die Produktion nicht nur zu langsam, sondern auch zu teuer: Aktuell kostet die Herstellung der sogenannten Stacks insgesamt rund 300 bis 400 Euro pro Kilowatt. Das Projekt H2GO soll helfen, die Kosten auf rund 30 Euro pro Kilowatt zu senken.
Dazu beitragen kann die Grundlagenforschung der Expertinnen und Experten des Fraunhofer ILT in ihrem neuen, 300 Quadratmeter großen Wasserstofflabor. Es gibt zwar bundesweit ähnliche Einrichtungen, doch es besitzt laut Dr. Alexander Olowinsky, Initiator des LKH2 und Abteilungsleiter Fügen und Trennen am Fraunhofer ILT, ein besonderes Alleinstellungsmerkmal: »Was die Vielfalt der praktischen Möglichkeiten betrifft, ist unser neues Wasserstoff-Labor einzigartig.« Davon überzeugen konnten sich die Gäste des LKH2, die im September bei Vorführungen an den Versuchsanlagen live erfuhren, wie sich zum Beispiel mit dem Laser hauchdünne Metallplatten von 70 bis 100 Mikrometern Dicke präzise schneiden und prozesssicher zu gasdichten Stacks verschweißen lassen.
Bei den intensiven Vorführungen ging es auch darum, wie sich typische Probleme nicht nur im Labor, sondern auch unter Serienbedingungen verhindern lassen. Hier hat sich in Aachen die Künstliche Intelligenz (KI) bereits mehrfach bewährt. Zwei Beispiele von vielen: Dr. Frank Schneider, Gruppe Makrofügen und Schneiden am Fraunhofer ILT, stellte den digitalen Prozess-Onlineoptimierer für intelligente Lasermaschinen (DIPOOL) vor, bei dem die Aachener erstmals die zeitliche und räumliche Programmier- und Kontrollierbarkeit von Laserwerkzeugen mit maschinellem Lernen kombinieren. Hier arbeitet das Institut im Rahmen des BMBF-Projekts DIPOOL eng zusammen mit einer vollkommen neuartigen, multispektralen Sensorik von der 4D Photonics GmbH aus Isernhagen, die Geschäftsführer Christoph Franz auch als »Weldwatcher« beim Schweißen von Bipolarplatten einsetzt.
Nimm zwei: Siamesisches neuronales Netzwerk vergleicht Ausschnitte
Christian Knaak, Gruppe Prozesssensorik und Systemtechnik am Fraunhofer ILT, setzt dagegen beim schnellen Erkennen von Spritzern beim BPP-Laser-Mikroschweißen auf ein sogenanntes siamesisches neuronales Sensor-Netzwerk, das nicht das ganze Bild analysiert, sondern nur charakteristische Ausschnitte miteinander vergleicht. Mit Blick auf weitergehende Forschungen regte Knaak an, künftig nicht nur den eigentlichen Laserprozess mit KI-Hilfe zu überwachen, sondern auch vor- und nachgelagerte Verfahrensschritte ins Visier zu nehmen.
Auch der metallische 3D-Druck eignet sich zum Einsatz bei der Plattenproduktion. So benötigen Elektrolyseure für die Wasserstoffherstellung Bauteile, die oft aus speziellen Werkstoffpaarungen bestehen. Wie das Fraunhofer ILT derartige Platten mit Laserauftragschweißen (LMD: Laser Material Deposition) herstellt, beschrieb Dr. Andreas Weisheit, Leiter der Gruppe Beschichtung LMD und Wärmebehandlung am Fraunhofer ILT. Bei den Laborführungen am Institut sahen die LKH2-Gäste, wie eine LMD-Anlage eine Baustahlplatte mit einer dünnen porösen Nickel-Aluminium-Legierung beschichtete.