Einige Studien haben bereits eindrucksvoll belegt, dass die Strahlformung beim Laser Powder Bed Fusion (LPBF) die Effizienz und Produktivität dieses additiven Fertigungsverfahrens verbessern kann. Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT und der Lehrstuhl für Technologie Optischer Systeme (TOS) der RWTH Aachen arbeiten gemeinsam an einem hochmodernen Testsystem, das die flexible Untersuchung komplexer Laserstrahlprofile in Leistungsklassen bis 2 kW ermöglicht – diese Innovation ermöglicht maßgeschneiderte Lösungen für industrielle Partner. Ziel dieser Plattform ist es, LPBF-Prozesse effizienter und robuster in die industrielle Fertigung zu integrieren, sodass sie den wachsenden Anforderungen der Branche gerecht werden.
Nachteile der Gaußverteilung
Derzeit werden in vielen LPBF-Prozessen Laserleistungen von etwa 300 bis 400 Watt eingesetzt. Der standardmäßig verwendete gaußförmige Laserstrahl bringt jedoch wesentliche Nachteile mit sich: Die starke Leistungskonzentration im Strahlzentrum führt zu lokalen Überhitzungen und unerwünschter Materialverdampfung sowie zu Prozessinstabilitäten, die die Bauteilqualität durch Spritzer und Poren beeinträchtigen können. Dies begrenzt die Skalierbarkeit des Verfahrens erheblich, sodass die in LPBF-Anlagen verfügbare Laserleistung – oft bis zu 1 kW – für die meisten Materialien nicht ausgenutzt werden kann.
»Eine Möglichkeit, den Prozess zu beschleunigen, ist, mehrere Laser und Optiksysteme parallel einzusetzen«, sagt Marvin Kippels, Doktorand der Abteilung Laser Powder Bed Fusion am Fraunhofer ILT. »Die Kosten skalieren aber mindestens proportional zu der Anzahl der verbauten Systeme.« Zudem können diese Systeme in realen Anwendungen nicht immer homogen ausgelastet werden, wodurch nur eine unterproportionale Steigerung der Produktivität erreicht wird. Ein vielversprechender Ansatz ist daher eine Produktivitätssteigerung des Einzelstrahlprozess, der auch auf Multistrahlsysteme übertragen werden kann.
Neue Möglichkeiten durch Strahlformung
Vorangegangene Untersuchungen haben gezeigt, dass schon einfache Strahlformungen mit rechteckigen, ringförmigen oder die Kombination zweier gaußförmiger Verteilungen vielversprechende Resultate bei der Bauteilqualität und der Prozessgeschwindigkeit erzeugen. Das Potenzial komplexerer Strahlformen ist bislang weitgehend unerforscht, da die dafür notwendige Systemtechnik fehlte. Das ändert sich nun durch die umfassenden Untersuchungen, die Forschende am Fraunhofer ILT begonnen haben.
»Die Laserstrahl/Material-Interaktion im Prozess ist durch ihre Dynamik so komplex, dass Simulationen nur Hinweise auf das tatsächliche Schmelzbadverhalten geben können«, erklärt Kippels, der aktuell eine neuartige Anlage aufbaut, die mithilfe von LCoS-SLMs (Liquid Crystal on Silicon - Spatial Light Modulator), die Untersuchung nahezu beliebiger Strahlprofile im LPBF-Prozess ermöglicht.
Mit einer Laserleistung von bis zu 2 kW bietet das innovative System eine Plattform zur Erprobung neuer Strahlformen bei sehr hohen Leistungen im LPBF-Prozess. Damit lässt sich die geeignete Systemtechnik für eine individuelle LPBF-Aufgabenstellung identifizieren. »Wir können den LPBF-Prozess so gezielt optimieren«, erklärt Kippels weiter und meint damit konkret: Weniger Materialverdampfung, geringere Spritzerbildung, Senkung der Schmelzbaddynamik, Glättung der Schmelzspuroberfläche, Steigerung der Prozesseffizienz durch Anpassung der Schmelzspurgeometrie.