Das Selective Laser Melting (SLM), auch bekannt als Laserstrahlschmelzen oder Laser-Powder Bed Fusion (L-PBF), hat sich als additives pulverbettbasiertes Fertigungsverfahren bereits in unterschiedlichen Branchen wie Medizintechnik, Turbomaschinenbau, Luft- und Raumfahrt oder dem Automobilbau bewährt. Aktuell lassen sich damit in erster Linie Stähle, Titan- und Aluminiumlegierungen sowie Nickel- und Kobaltlegierungen verarbeiten. Die Aachener wollen SLM nun im Rahmen eines Forschungsprojektes weiterentwickeln, damit es sich besser für die additive Fertigung von Bauteilen aus reinem Kupfer und Kupferlegierungen eignet. Dieses Vorhaben wird von der AiF Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen »Otto von Guericke« e.V. gefördert. Reinkupfer ist für Endanwender interessant, weil keine Kupferlegierung eine vergleichbar hohe elektrische und thermische Leitfähigkeit besitzt. Am Fraunhofer ILT entsteht daher bis Ende 2017 eine eigens entwickelte Laserstrahlquelle, die nicht mehr mit infrarotem, sondern mit grünem Licht arbeitet.
SLM bisher nur für Kupferlegierungen geeignet
»Reines Kupfer reflektiert bei der sonst üblichen Wellenlänge von ca. 1 µm je nach Oberflächeneigenschaften den überwiegenden Teil der Laserstrahlung«, erklärt Daniel Heußen, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gruppe Rapid Manufacturing. Es wird daher nur ein sehr geringer Teil der eingestrahlten Energie in den Werkstoff eingekoppelt, der dann für den Schmelzprozess zur Verfügung steht. Die reflektierte Laserstrahlung kann die Komponenten der Anlage schädigen. Hinzu kommt, dass der Absorptionsgrad bei infrarotem Licht sprunghaft beim Übergang des Werkstoffs vom festen in den flüssigen Zustand ansteigt und so für einen instabilen und diskontinuierlichen Umschmelzprozess sorgt.
Anders sieht es bei grünem Laserlicht mit der Wellenlänge von 515 nm aus, bei dem der Absorptionsgrad von Kupfer um ein Vielfaches höher liegt. Für den Umstieg auf grünes Laserlicht spricht, dass ein Laser mit einer deutlich niedrigeren Ausgangsleistung ausreicht. Außerdem lässt sich der Laserstrahl schärfer bündeln, so dass sich mit dem neuen SLM-Verfahren wesentlich filigranere Bauteile herstellen lassen. Heußen: »Wir hoffen auf eine gleichmäßigere Schmelzbaddynamik, um dichte Bauteile aufbauen zu können, sowie auf weitere positive Effekte wie eine hohe Detailauflösung.«
In eigener Regie: Bau eines grünen Lasers für SLM
Weil es am Markt keine entsprechende »grüne« Strahlquelle gibt, die den Randbedingungen für den SLM-Prozess genügt, baut die Abteilung Strahlquellenentwicklung des Fraunhofer ILT selbst den Laser für »SLM in grün«, so der interne Begriff für das Projekt. Geplant ist ein Laser für den sogenannten Singlemode-Betrieb, der mit einer maximalen Leistung von 400 Watt im kontinuierlichen Betrieb (cw) mit grüner Wellenlänge (515 nm) in sehr guter Strahlqualität arbeitet. Bis Ende 2017 soll ein Laboraufbau einer Anlage für »SLM in grün« entstehen, mit dem die Aachener dann die Prozesse im Rahmen des von der AiF geförderten Forschungsprojektes weiterentwickeln.
Das Ziel ist ein stabiler Prozess, mit dem industrielle Anwender komplexe Geometrien mit Hohlstrukturen und Hinterschnitten aus Reinkupfer direkt additiv herstellen können. Infrage kommt es unter anderem für hocheffiziente Wärmetauscher und Kühlkörper oder für die Kleinserienproduktion von filigranen, komplexen elektrischen Bauteilen. Heußen: »In der industriellen Fertigung bieten sich Induktoren für die induktive Wärmebehandlung besonders an. Weil sie meist in geringer Stückzahl mit hoher Komplexität und Variantenvielfalt hergestellt werden, sind es Paradebeispiele für die additive Fertigung.«
»SLM in grün«: 3D-Druck von Metallschmuck
»SLM in grün« bietet im Bereich Schmuckdesign die Möglichkeit, komplexe Strukturen wesentlich effizienter und reproduzierbarer herzustellen als konventionelle Techniken. Im Vergleich zu anderen additiven Verfahren wie etwa dem Elektronenstrahlschmelzen (EBM) erhoffen sich die Wissenschaftler eine wesentlich höhere Detailauflösung sowie höhere Wirtschaftlichkeit in der Fertigung. Der grüne Laser dürfte sich aber nicht nur für Kupfer eignen, sondern auch für die Verarbeitung von Bunt- und Edelmetallen in der Schmuckindustrie. Heußen: »Bis dahin gilt es jedoch, noch einige Hürden in der Prozess- und Anlagenentwicklung zu überwinden und ein tieferes Prozessverständnis für die Verwendung der neuen Wellenlänge zu entwickeln. Dies ist das Ziel des aktuellen, öffentlich geförderten Projektes, das bis Mitte 2019 läuft.«
Mit einem Modellaufbau und ersten Prozessvideos informiert das Fraunhofer ILT Interessenten auf der formnext, Halle 3.0, Stand F50, über das Verfahren.