Trend bei den OEM: Pouch passé?
Die EAS Batteries GmbH aus Nordhausen hat gemeinsam mit dem Fraunhofer ILT eine neue Laserschweißanlage für das Fügen von großen zylindrischen Lithium-Ionen-Zellen für Hochleistungsanwendungen (40 bis 50 Amperestunden) entwickelt. Mit dieser Neuentwicklung reagieren die Nordhäuser laut Geschäftsführer Michael Deutmeyer auf einen Trend in der Automobilbranche, die sich wegen der höheren Gasdruck-Stabilität und Langlebigkeit zunehmend von der Pouch-Zelle zugunsten von Zellen mit massiver Außenhülle verabschiedet. Ebenfalls für zylindrische Energiespeicher entstand bei der F & K DELVOTEC Bondtechnik GmbH aus Ottobrunn eine Anlagentechnik, die mit Taktzeiten von 0,7 Sekunden arbeitet. Für das mit dem Fraunhofer ILT entwickelte Verfahren spricht zudem, dass sich damit punktschweißen lässt, wie Bond-Academy Leiter Dr. Hans-Georg von Ribbeck betonte.
Mit dem Laserschweißen von Batterien, die sich mittels Thermo-Management ohne Überhitzung besonders schnell laden und entladen lassen, beschäftigt sich seit kurzem die Kautex Textron GmbH & Co. KG aus Bonn. Der Hersteller von Kunststofftanks entschied sich beispielsweise bei den Stromsammelschienen für ein vom Fraunhofer ILT erarbeitetes Verfahren zum Laserschweißen. Entwicklungsingenieur Frank Süßemilch erklärte, dass es zwar teurer als Drahtbonden sei, dafür aber präziser und schneller füge, gezielte Prozessregelung erlaube und sich wegen der niedrigen Taktzeiten für Großserieneinsatz eigne.
Effiziente Lasertrocknung ersetzt gasbetriebene Ofenanlage
Tatsächlich erobern Laser immer wieder neue Bereiche: Die Bandbreite reicht vom Oberflächenstrukturieren mit Ultrakurzpulslaser (Fraunhofer ILT), dem kompletten Entlacken von Hairpins (Clean-Lasersysteme GmbH, Herzogenrath), dem Entfernen von Kabel-Isolierungen (SLCR Lasertechnik GmbH, Düren) bis hin zu dem sehr aktuellen Thema Trocknen. Derzeit müssen die Pasten für Anoden und Kathoden in rund 100 Meter langen Konvektionsöfen trocknen, die bisher fast ausschließlich mit Erdgas beheizt werden.
Eine Alternative entsteht unter Führung der Laserline GmbH aus Mülheim-Kärlich im Forschungsprojekt IDEEL (Implementation of Laser Drying Processes for Economical & Ecological Lithium Ion Battery Production). Bei Versuchen am Fraunhofer ILT gelang es erstmals, die Elektrodenpaste auf Anoden und Kathoden im Rolle-zu-Rolle-Verfahren mit dem Laser zu trocknen. Laserline-Manager Mathias Schlett stellte auf dem LSE’23 einen leistungskräftigen Infrarot-Diodenlaser mit 45 Kilowatt Leistung vor, mit dem sich der Energieverbrauch extrem senken lassen soll. Experten rechnen mit einer Ersparnis von 50 bis 85 Prozent. Gleichzeitig lässt sich mit den Lasern das Trockentempo verdoppeln und eine deutlich kleinere Anlagentechnik umsetzen – die Projektteilnehmer planen eine Bandgeschwindigkeit von 30 Metern pro Minute.
Wichtig ist bei allen Laserprozessen ein besseres Verständnis der Vorgänge etwa im Schmelzbad. Gehring Technologies überwacht das Laserschweißen von Hairpins zum Beispiel mit Röntgenstrahlung, Semikron hingegen prüft die Laserschweißstellen in der Leistungselektronik mit Ultraschallmikroskopie. Andere setzen auf aufwendigere Verfahren wie optische Kohärenztomographie (OCT). Christoph Spurk vom Lehrstuhl für Lasertechnik LLT der RWTH Aachen University nimmt sogar zweimal pro Jahr die Reise zum Synchrotron am Forschungszentrum DESY in Hamburg in Kauf, um Laserprozesse besser zu verstehen.
Das Beobachten der Prozesse sei immens wichtig, meint auch LSE-Mitinitiator Olowinsky, gibt aber zu bedenken: »Alle beobachten den Prozess, aber nur wenige regeln ihn – und wenn, dann häufig von Prozess zu Prozess. Multisensor-Anwendungen sind aktuell angesagt, um an vielen Stellen Messsignale zu erhalten. Ich bin mir allerdings sicher, dass das Messverfahren zweitrangig ist. Es kommt auf die intelligente Auswertung der Daten an.«
Big Data-Analyse mit Hilfe von KI, Endauswertung per »Human Intelligence«
Ein wesentliches Problem aller Messverfahren sprach auch Thomas Grünberger an, Strategic Technology Developer bei der Wiener nLIGHT GmbH: Es entstehen oft extrem viele Daten, die ausgewertet und bewertet werden müssen. Grünberger empfahl in seinem Vortrag, Big Data, also große Datenmengen mit Hilfe von Machine Learning zu analysieren. Dabei sollten Anwender darauf achten, dass bei instabilen, unkontrollierten Prozessen wie dem Schmelzbad ausschließlich instabile Messdaten entstehen. Daher sollte die endgültige Bewertung stets Human Intelligence übernehmen, sprich der Mensch.
Das Fraunhofer ILT sorgte als LSE-Veranstalter nicht nur für viel Input rund um Fragen der Elektromobilität, sondern bot vor allem kleinen und mittleren Unternehmen entscheidende Mehrwerte. Dr. André Häusler etwa, Gruppenleiter für Fügen von Metallen am Fraunhofer ILT, präsentierte das geplante Battery Launch Center NRW (BLC.nrw), das bereits von Partnern wie Kuka, LBBZ oder die RWTH Aachen University unterstützt wird.
Den Unterschied zur bereits bestehenden Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle (FFB) in Münster erläuterte Olowinsky: »Beide Institutionen ergänzen sich sehr gut, denn Münster erforscht die Verfahrensfragen zur Batteriezellen-Produktion; das BLC.nrw entwickelt die Anlagentechnik und das dazu nötige Know-how, um aus den Zellen ein komplettes Batteriesystem herzustellen.« Häusler warb um Unterstützung für das BLC.nrw in Geilenkirchen bei Aachen, das in Kürze in Betrieb gehen soll: »Wir suchen Firmen, die Equipment für die Fertigung von Batteriesystemen anbieten, und potenzielle Nutzer der Einrichtung. Wer uns also Anlagentechnik zur Verfügung stellen kann oder Produktions- oder Entwicklungs-Kapazität braucht, soll sich an uns wenden.«
Fraunhofer ILT auf der LASER World of PHOTONICS
Auf der Photonik-Weltleitmesse LASER World of PHOTONICS in München ist ein eSled von Aurora Powertrains auf dem Fraunhofer-Gemeinschaftsstand 441 in Halle A3 ausgestellt. Vom 27. bis zum 30. Juni 2023 stehen Expertinnen und Experten des Fraunhofer ILT für Auskünfte rund um kundenspezifische Laserschweißsysteme zur Verfügung.