Produktionsexperten stehen zunehmend vor einem Dilemma: Bei der Herstellung von komplexen, individuellen Bauteilen aus Metall stoßen konventionelle Fertigungsverfahren wie Drehen, Fräsen, Erodieren oder Umformen zunehmend an ihre Grenzen. Hinsichtlich wünschenswerter Einsparungen an Rohmaterial bieten additive Fertigungsverfahren signifikante Vorteile, jedoch bisher nur mit geringen Auftragsraten. Hier bietet es sich an, konventionelle und additive Fertigungsverfahren miteinander zu kombinieren.
Hybride Fertigungstechnik in bestehende Anlagen integrieren
Im Rahmen des Verbundprojekts ProLMD, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF, entwickelt das Fraunhofer ILT gemeinsam mit Industriepartnern neue Prozesse, um hybride Laserauftragschweiß-Verfahren (Laser Material Deposition, LMD) in die Fertigungskette zu integrieren. Entstehen sollen Verfahren und Anlagen, mit deren Hilfe sich beispielsweise Verstärkungen oder andere Geometrieelemente auf Guss- oder Schmiedeteile via LMD auftragen lassen.
Eine wichtige Bedeutung beim koaxialen LMD mit Draht kommt der neuen Bearbeitungsoptik mit Ringstrahl zu, die am Fraunhofer ILT entwickelt wurde und nun innerhalb von ProLMD genutzt wird. »Die Richtungsunabhängigkeit der Optik erweist sich hierbei als großer Vorteil, ebenso die annähernd 100-prozentige Materialausnutzung des kostengünstigen drahtförmigen Zusatzwerkstoffes. Dadurch sinken die Gesamtkosten des Prozesses beachtlich«, erklärt Max Fabian Steiner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer ILT. »Hinzu kommt, dass der Prozess staubfrei abläuft. Damit bietet er im Vergleich zu pulverbasierten Prozessen neben der Kostenersparnis auch größere Arbeitssicherheit sowie einen erhöhten Umwelt- und Mitarbeiterschutz.«
Richtungsunabhängig in hoher Qualität arbeiten
Die Hauptmerkmale der neuen Bearbeitungsoptik bestehen vor allem in der Richtungsunabhängigkeit sowie in der gleichmäßigen Intensitätsverteilung der Laserstrahlung über den Ring. Dank des Einsatzes reflektiver Optiken, wie in diesem Fall Kupfer, sind hohe Leistungen in einem großen Wellenlängenbereich möglich. Mittels Draht-LMD lassen sich Bauteile in einer sehr hohen Qualität ohne Poren und mit äußerst geringem Nachbearbeitungsbedarf herstellen. Außerdem ermöglicht der neue Kopf das Schweißen auf 3D-Flächen. Wie bei den meisten LMD-Verfahren eignet sich die neue Optik gleichermaßen zur Reparatur von Bauteilen.
Die Kombination des richtungsunabhängigen Prozesses mit einem 6-Achs-Knickarm-Roboter macht den Bearbeitungsprozess sehr flexibel. Durch korrekte Regelung des Auftragsprozesses arbeitet das Verfahren auch auf großen Bauteilen und bei hohen Auftragsraten stabil und dies bei gleichbleibender Qualität.
Schutzgaszelle ermöglicht Titan-3D-Druck
Die neue Optik wird in eine Prozesskette integriert, die dank intermittierendem Scannen die Qualität der weiteren Bauteile erhöht. Dazu wird fortlaufend die Geometrie des Bauteiles erfasst, um mit Hilfe dieser Daten die Bahnplanung anzupassen oder zu korrigieren. Eine Schutzgaszelle erlaubt es Anwendern zudem, unter Argon-Atmosphäre Titanbauteile zu reparieren oder volladditiv per 3D-Druck herzustellen.
Die Experten des Fraunhofer ILT präsentieren den modularen Laser-Draht-Schweißkopf, die gesamte LMD-Prozesskette sowie das Hybrid-Verfahren vom 19. bis zum 22. November in Frankfurt am Main auf der formnext: Fraunhofer-Gemeinschaftsstand D51 in Halle 11.
Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt ProLMD wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF unter dem Förderkennzeichen 02P15B115 im Rahmen der Fördermaßnahme ProMat3D gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut.